We made it! We’ve reached the most eastern point of Canada! We’ve crossed Canada!


 

Von Merigomish fahren wir bis Sydney, wo wir die Fähre nach Argentia auf Neufundland nehmen. Wir legen um 5 Uhr abends ab und die Überfahrt dauert 16 Stunden. Das Schiff ist mit einer Bar, einer Cafeecke und schöner Aussicht auf die See ausgestattet und zudem haben wir Bücher und Stickzeug dabei. Langweilig wird es uns also nicht. Auf eine Kabine haben wir verzichtet, das wir ja nur eine Nacht auf dem Boot verbringen. Wir haben aber unsere Schlafsäcke dabei und machen es uns in einer ruhigen Ecke am Boden zwischen den Schlafsesseln gemütlich. Naja, etwas hart ist der Boden schon, aber dank den dicken Schlafsäcken geht das schon. 

Am Morgen erreichen wir schon Argentia. Neufundland begrüsst uns mit etwas Nebel und die vorgelagerten Inselchen verschwinden mystisch im Grau. Das ist aber wohl nichts Ungewöhnliches, denn Neufundland verzeichnet im Durchschnitt stolze 200 Tage Nebel im Jahr. Offiziell heisst die Provinz  ja “Neufundland und Labrador” wobei die Insel Neufundland bildet und sich die Labrador-Region auf dem kanadischen Festland befindet. Die Insel ist jedoch dichter besiedelt und die Hauptstadt namens St. John’s befindet sich an der Ostküste der Insel. Dort leben rund 100 Tausend der 500 Tausend Bewohner der Provinz. Und dorthin zieht es uns als erstes.

Dafür überqueren die Avalon Peninsula ebenfalls grösstenteils im Nebel (erinnert doch sehr an den Buchtitel: Die Nebel von Avalon ;-)). Der grosse Bevölkerungsanteil in dieser Gegend stammt aus Irland und die keltisch-irische Kultur ist sehr präsent, sei es in der lokalen Musik, Restaurant-Namen oder Schmuck. Anscheinend ist zudem der in St. John’s gesprochene Akzent sehr ähnlich zu dem in Waterford, Irland. Im 19. Jahrhundert erfuhr die Insel die letzte Einwanderungselle aus Irland, aber auch Schottland und Skandinavien.

Die Besiedlung durch Europäer geht weit in de Geschichte zurück und die des indianischen Stamms der Micmac noch viel weiter. Aus Osten waren es wohl die Wikinger, welche um das Jahr 1000 als erste auf der Insel Fuss fassten. Im 15 Jh. kamen dann die Portugiesen vorbei und schliesslich erreichten die Engländer und die Franzosen die Insel. Beide förderten die Ansiedlung ihrer Landsleute und betrieben regen Fischfang. Somit war Neufundland bis 1713 offiziell  zweigeteilt. Fischfang war hierbei der treibende Faktor und sogar als Frankreich Neufundland an England abtreten musste, behielt es bis 1904 das Recht an der “French Shore” zu fischen. 

Auch in St. John’s, in der Provinzhauptstadt, war die Wirtschaft früher klar von der Fischereiindustrie geprägt. Doch die Fischindustrie brach Ende der 1990er Jahre zusammen. Wirtschaftliche Erholung kam durch Ölfelder auf See, die vor der Küste Neufundlands gefunden wurden. Heute werden in vier Ölfeldern Erdöl und Erdgas gewonnen und St. John’s hat sich zu einem der führenden Standorte der Öl- und Gasindustrie im östlichen Kanada entwickelt.

Eine Öl- und Gasstadt stellt man sich vielleicht eher grau vor. Doch das ist St. John’s ganz und gar nicht. In der Innenstadt sind alle Häuser ganz bunt angemalt! Die erinnern etwas an Bonbons und werden im Englisch “Jeallybean row” genannt. Wir realisieren aber nach und nach, dass es sich hier nicht nur um eine Häuserzeile handelt, die so bunt verspielt daherkommt, es ist ein ganzes Quartier! Der Ursprung dieser Farbexplosion ist unbekannt, doch wir sind uns sicher: Bei 200 Nebeltagen m Jahr kann etwas Farbe sicher nicht schaden! 😉 

Die “Jellybean row” in St. John’s
Und noch mehr Farben
Hat der Nachbar vielleicht dem gelben Haus die gelbe Tür geklaut? 😉
Für jeden ist eine Farbe dabei

 

St. John’s hat neben der fröhlichen Innenstadt noch mehr Interessantes zu bieten. Wir fahren auf den “Signal Hill”, wo vor mehr als hundert Jahren das erste Funksignal über den Atlantik empfangen wurde. Am 12. Dezember 1901, unter der Leitung von Guglielmo Marconi, fing eine an einem Drachen befestigte schwebende Antenne ein von der englischen Küste in Cornwall ausgesendetes Signal auf: Den Morsecode für den Buchstaben „s“. Dies war einer der wichtigsten Durchbrüche in der Geschichte der Telekommunikation und ebnete den Weg für drahtlose Kommunikation. Zu dieser Zeit herrschte allgemeine Skepsis, ob eine drahtlose Kommunikation über den Atlantik möglich ist. Sie glaubten, dass die Krümmung der Erde eine Signalübertragung über weite Strecken unmöglich machen könnte: Die Radiowellen würden entweder die Erdatmosphäre verlassen und in den Weltraum hinaus strahlen oder von den oberen Atmosphärenschichten absorbiert werden. Marconis Experiment widerlegte diese Vermutungen. 

Mit der Marconi-Station war Neufundland lange eine Drehscheibe der Kommunikation. Hier gingen die drahtlosen Nachrichten aus Europa und von Passagierschiffen ein, bevor sie in die grossen Städte Amerikas wie New York weitergegeben wurden. Ebenfalls ging hier 1912 der Notruf der Titanic ein, die ca. 600 km vor der neufundländischen Küste einen Eisberg rammte…

Signal hill
Aussicht vom Signal Hill auf St. John’s
Aussicht von Signal Hill auf Cape Spear

 

Übrigens ist es auch hier am Signal Hill, wo wir zum ersten Mal auf einen Neufundländer treffen… nicht die Leute, die Hunderasse natürlich! 😉 

Man sieht ihn kaum so schwarz wie er ist

 

Vom Signal Hill haben wir bereits gesehen, wo wir jetzt hin wollen: Cape Spear! Nur wenige Kilometer südöstlich von St. John’s, befindet sich der östlichste Punkt Kanadas. Mehr noch es ist der östlichste Punkt des nordamerikanischen Kontinents! Und für uns bedeutet das, dass wir Kanada durchquert haben! Zwischen Victoria BC und St. John’s NL liegen mehr als 7000 km und 10 Provinzen. Wir haben fast 16’000 km zurückgelegt!

Der östlichste Punkt Nordamerikas!
Wir haben’s geschafft!
Zweitältester Leuchtturm Neufundlands gebaut 1835

 

Cape Spear gefällt uns so gut, dass wir die Nacht auf dem Parkplatz vor dem Leuchtturm verbringen. Und wir merken, dass wir uns an einer exponierten Stelle befinden: Der Wind ist beeindruckend!

 

Der roadtrip-timelapse von heute. Es ist besser ihn herunterzuladen und offline anzuschauen, denn die Datei ist sehr gross. Herunterladen kann man ihn hier.